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Konrad Zuse

Konrad Zuse hat den ersten funktionsfähigen Rechenautomaten der Welt gebaut. Diese Leistung erscheint vor allem vor dem Hintergrund seines Lebens und seines Arbeitsumfeldes beeindruckend.

Wer war Konrad Zuse?

Wirft man einen Blick in die Literatur, so findet man sehr oft die oberflächliche Antwort, daß Konrad Zuse den ersten voll funktionsfähigen programmgesteuerten Rechenautomat der Welt gebaut hat. Diese Rechenanlage, auch Z3, für Zuse 3 genannt, war also der erste Computer der Welt und somit der Startschuß in eine Ära, die immer mehr von Computern geprägt ist und werden wird. Die Erfindung der Z3 war aber keineswegs die einzige Leistung im Leben des Ingenieurs Zuse, im Gegenteil, neben vielen anderen bahnbrechenden Erfindungen und Theorien, prägte kein anderer die Anfangszeit der Computergeneration so wie er.

Das Leben des Erfinders Konrad Zuse 

Konrad Ernst Otto Zuse wurde am 22.06.1910 in Berlin - Wilmersdorf geboren. Er lebte zusammen mit seiner zwei Jahre älteren Schwester Liselotte und seinen Eltern Emil und Maria Zuse, geborene Crohn, in Berlin.

Er besuchte 3 Jahre die evangelische Vorschule "Höhere Mädchen", bis er dann 1916 auf das Humanistische Hosianum Gymnasium wechselte. Als sein Vater Emil nach Hoyerswerda versetzt wurde (er war preußischer Beamter), wechselte Konrad Zuse auf das Reform - Real - Gymnasium der Stadt. Dort herrschte ein sehr freiheitlicher Geist, der Zuse anregte, sich mit Geographie, der expressionistischen Malerei und seinen kleinen technischen Erfindungen zu beschäftigen.

Im Jahre 1927 machte er Abitur und wechselte auf die Technische Hochschule Berlin - Charlottenburg. Anfänglich studierte er im Fachbereich Maschinenbau, brach dies aber ab, und arbeitete 1 Jahr als selbständiger Architekt. Als dies nicht den finanziell nötigen Erfolg einbrachte, kehrte Zuse an die Hochschule zurück und studierte im Fachbereich Bauingenieurwesen weiter.

Bis zu seinem Diplom im Jahre 1934 ging er vielerlei technischer und künstlerischer Hobbys nach, die ihn im Laufe der Zeit zu einem der größten Erfinder machten.

Kurz nach seinem bestandenen Diplom im Jahre 1934 wurde Konrad Zuse als Statiker bei den Henschel - Flugzeug - Werken eingestellt. In dieser Zeit erlebte er die allmähliche Kursänderung seines Vaterlandes hin zum späteren Dritten Reich mit. Obwohl er ein junger, preußischer Patriot war, paßte er sich nie dem nationalsozialistischen Regime an, sondern blieb stets im Hintergrund.

1936 kündigte Konrad Zuse seine Stellung und arbeitete zusammen mit seinem Freund Helmut Schreyer an der Entwicklung seiner Z - Reihe, voran die Z1. Dazu hatte er sich eine kleine Erfinderwerkstatt in der Wohnung seiner Eltern eingerichtet.

Nach dem Bau der Z1 machten sich Konrad Zuse & Co. sofort an die Arbeit, das Folgemodell Z2 zu entwickeln und zu bauen. In dieser Zeit liegen auch die gedanklichen Grundsteine für Zuses´s Plankalkül und für den ersten voll funktionsfähigen programmierbaren Rechenautomaten der Welt, nämlich die Z3.

Bei Kriegsausbruch im Jahre 1939 wurde Konrad Zuse zur Wehrmacht eingezogen. Ein halbes Jahr später wurde er zur Sonderabteilung F der Henschel Flugzeugwerke versetzt. Dort entwickelte er als Statiker unter Leitung von Professor Wagner ferngesteuerte fliegende Bomben für das Militär. Durch stundenweise Arbeiten am Feierabend war es Konrad Zuse möglich, die Z2 im Jahre 1940 endlich fertigzustellen. Jedoch nahm man damals von dieser ersten funktionsfähigen Rechenmaschine wenig Notiz, da nur kriegsentscheidende Waffen und Geräte gefragt waren. Gerüchte sagen sogar, daß Hitler von Zuses Maschine erfahren hat, jedoch sagte, daß er keine Maschine brauche, um den Krieg zu gewinnen, das würde er auch mit dem Mut seiner Soldaten schaffen.

1941 wurde Zuse erneut zum aktiven Militär einberufen, nahm aber nie an kriegerischen Handlungen teil. Kurz danach war es ihm erneut möglich, seinen Militärdienst zu quittieren und bei den Henschel Flugzeugwerken als Statiker zu arbeiten. In dieser Zeit stellte er seine Z3 fertig und konnte diese unter günstigeren Umständen am 12.05.1941 anderen Wissenschaftlern vorführen. Ende 1941 gründete er seine Firma Zuse - Apparatebau in Berlin.

1942 begann seine Firma mit der Weiterentwicklung der Z3 zur Z4. 5 Jahre später, überführte er seine Firma in das Zuse - Ingenieurbüro in Hopferau bei Füssen. Erst in dieser Zeit nahm die Welt Notiz von seiner Erfindung. Damals kam es auch zum Streit zwischen Professor Aiken von der Harvard Universität und Konrad Zuse, ob dessen MARK I oder seine Z3 der erste programmgesteuerte Rechenautomat der Welt sei.

1949 gründete Konrad Zuse zusammen mit seinen Teilhabern Harro Stucken und Alfred Eckhard die Zuse KG in Neukirchen im Kreis Hünfeld in Hessen. Diesem Trio war es zu verdanken, daß die Zuse KG in der Folgezeit ihre größten Erfolge zu verbuchen hatte und eine Zeitlang sogar als ein Konkurrent zur IBM betrachtet wurde.

Um 1958 kamen zwei neue Denkhaltungen in der Computerindustrie auf. Man unterschied nun zwischen Hardware und Software und wollte nur noch kompatible EDV - Geräte haben. Zuses Maschinen berücksichtigten bis dato keinen der neuen Trends. Dies führte in der Folgezeit zu einem einschneidenden Absatzrückgang der Zuse - Produkte. Etwa zur gleichen Zeit schieden dann Zuses Teilhaber aus der Firma aus. Zusammen mit seiner Frau Gisela, die er 1945 geheiratet hatte, führte Konrad Zuse die Firmengeschäfte so gut wie möglich weiter. Der letzte Lichtblick in der Firmengeschichte war die Entwicklung des Graphomat Z64, der die Firma noch für einige Zeit über Wasser hielt.

1964 wurde die Zuse KG dann auf Grund von Zahlungsschwierigkeiten an die Firma Brown, Boveri & Co. verkauft und dann 1967 komplett von der Siemens AG geschluckt.

Nach 20 Jahren Unternehmerdasein konnte sich Konrad Zuse in der folgenden Zeit wieder intensiv der Wissenschaft und seinen Hobbys widmen. Neben seinen hauptsächlich technischen Hobbys, wandte er sich verstärkt der expressionistischen Malerei zu, wo er unter dem Pseudonym Kuno See einige Ausstellungen veranstaltete und auch bekannt wurde. Seine Lieblingsmotive waren Wolkenkratzer, die senkrecht in den Himmel ragten. 1994 arbeitete er noch an der Entwicklung eines Leichtbau - Windgenerators. Kurz nach Beendigung dieser Arbeit erlag er im Alter von 85 Jahren, am 18. Dezember 1995, in Hünfeld / Fulda einem Herzleiden. Neben zahlreichen Ehrungen und Titeln, die er erhielt, und die nach ihm benannt wurden, wie z.B. die Konrad - Zuse - Medaille oder den höchsten Orden der Bundesrepublik ( das große Verdienstkreuz mit Stern ), war er seit 1966 Honorar - Professor an der Universität Göttingen.

Entwicklungen und Theorien des Ingenieurs 

Konrad Zuse schaffte es im Gegensatz zu seinen Erfinder - Kollegen, als erster, seine Theorie eines Rechenautomaten auch wirklich in die Praxis umzusetzen und einen voll funktionsfähigen Rechenautomaten, die Z3, zu bauen.

Dieser Erfolg ist größtenteils auf zwei entscheidende theoretische Erkenntnisse zurückzuführen. Zuses erste Erkenntnis war die, daß das bisherige dezimale maschinelle Rechnen durch die Verwendung des Dualsystems, d.h. von Ja - und Nein - Werten erheblich vereinfacht werden kann. Dies setzte Zuse sofort in seiner ersten Rechenmaschine, der Z1 um, die er 1936 fertigstellte. Bei dem konstruktiven Aufbau der Maschine entschied sich Zuse für die Anwendung der mechanischen Schaltgliedtechnik, d.h. für rein mechanisch arbeitende Bauelemente. Das Speicherwerk der Z1 arbeitete mit einer quadratischen Glasplatte, aus der Metallstifte höher oder tiefer herausragten. Dies entsprach den Speicherzuständen 0 und 1. Das Rechenwerk arbeitete mittels verschiedener Ziffernräder, die ineinander griffen. Die Z1 war nie voll funktionsfähig.

Die zweite theoretische Erkenntnis, die den Weg zur Z3 bahnte, war die, daß das Dualsystem in einfacher Weise durch einen elektrischen Schalter umgesetzt werden kann.

Mit diesen zwei Erkenntnissen, daß grundsätzlich alle Rechenaufgaben mit Relaisschaltungen zu lösen sind, konnte sich Konrad Zuse an die Verbesserung der Z1 machen.

Die Z2, die 1938 entwickelt wurde, beinhaltete das bewährte mechanische Speicherwerk der Z1 in Kombination mit einem elektromagnetischen Relais - Rechenwerk. Dieses arbeitete mit komplizierten elektronischen Schaltungen, die über Relais das Rechenergebnis lieferten. Die Z2 war in den wichtigsten Baugruppen 1939 arbeitsfähig, konnte aber durch den Kriegsausbruch nie ganz fertiggestellt werden.

Begeistert von der neuen Relaistechnik machten sich Zuse & Co. sofort daran, die Z3 im Auftrag der Deutschen Versuchsanstalt für Luftfahrt zu entwickeln. Erstmals wurde hierbei neben einem Relais - Rechenwerk auch ein Relais - Speicherwerk eingesetzt.

Der Rechner bestand aus insgesamt 600 Relais im Rechenwerk und aus weiteren 2000 Relais im 6 Speicherwerk und wurde größtenteils aus Altmaterialien und aus Teilen von abgeschossenen alliierten Flugzeugen zusammengebaut.

Um die interne Arbeitsweise der Z3 zu erklären, möchte ich jetzt die typischen Verarbeitungsschritte kurz beschreiben:

Der Bediener gibt über eine Spezialtastatur die zu rechnenden Zahlen in das Programmwerk ein. Das Rechenprogramm, das entweder eine der 4 Grundrechenarten oder die Quadratwurzel berechnen kann, wird über einen gelochten Filmstreifen mittels eines Abtasters ebenfalls in das Programmwerk eingegeben. Das Programmwerk gibt nun die Rechenoperation an das Rechenwerk weiter und teilt dem Wählwerk schon im voraus die Speicheradresse für das Rechenergebnis mit. Nachdem das Rechenwerk das Ergebnis errechnet hat, wird dieses im Speicherwerk abgespeichert, wo es das Wählwerk vorgibt. Aus dem Speicherwerk wird jetzt das Rechenergebnis wieder herausgelesen und dem Bediener über ein Lampen - Display mitgeteilt.

Die Z3 wurde 1944 im Bombenkrieg komplett zerstört.

Ich möchte nun einen zeitlichen Sprung rückwärts in die Jugend des Konrad Zuse machen und dort beginnen, wo auch er mit seinen kleinen Erfindungen begonnen hat.

In einer Schülerarbeit beschäftigte sich der junge Erfinder mit den Verkehrsproblemen der damaligen Zeit. Von einem Kinofilm inspiriert, machte er sich daran, eine Stadt ( seine Stadt Metropolis ) auf dem Papier zu planen, die er nach verkehrstechnischen Gesichtspunkten optimierte.

Ein weiteres Hobby seiner Jugend war die Fotografie. Aus der eigenen Faulheit heraus baute er den ersten Selbstauslöser und entwickelte den ersten Foto - Vollautomaten. Die optische Technik, die es ihm sehr angetan hatte, bewog ihn auch, sich in einer Studienarbeit mit seinem elliptischen Kino zu befassen.

Nach dem erfolgreichen Bau seiner Z3 suchte Konrad Zuse eine Lösung für das Problem der allgemeinen Theorie des Rechnens, d.h. der Schaltungslogik. Er erschuf unter dem Namen Plankalkül eine algorithmische Programmiersprache und war damit allen Bemühungen späterer Zeit um Weiten voraus.

Nach Gründung seiner Firma machte sich Zuse an die Verbesserung seiner Z3. So entstanden in der Folgezeit die Rechner Z4, Z5, Z6, Z8 und Z9.

Die Z4 hatte im Gegensatz zum Vorgänger Z3 eine größere Wortlänge und eine höhere Arbeitsgeschwindigkeit von 25 - 35 Operationen je Minute. Ersten Einsatz fand die Zuse 4 bei der Eidgenössischen Technischen Hochschule ( ETH ) in Zürich für 5 Jahre.

Um trotzdem im Geschwindigkeitskampf der amerikanischen Elektronengehirne, wie z.B. ENIAC, mithalten zu können, entwickelte Zuse die Z5, die 6mal schneller war als die Vorgängerin Z4.

Die Geräte Z6, Z8 und Z9 unterschieden sich eigentlich nur durch ihre verbesserten Rechengeschwindigkeiten.

Ein weiterer Verkaufsschlager stellte die Z11 dar. Dabei handelte es sich um einen Spezialrechner, der vermessungstechnische Berechnungen durchführen konnte.

Die letzten Geräte der Z - Serie waren die Rechenmaschinen Z22 und Z23, wobei es sich jeweils um Transistorenrechner handelte. Beide arbeiteten mit einem gefädelten Kernspeicher und einer Trommel als Externspeicher.

1959 wurde die wohl letzte bedeutsame Maschine aus dem Hause Zuse entwickelt und gebaut. Es entstand der Graphomat Z64, ein Zeichentisch der mittels Lochstreifen gesteuert wurde, wobei jeder einzelne Punkt vorher berechnet und dann angesteuert werden mußte. Der wesentliche Gebrauchsaspekt für die Geodäten ( ein Kundenkreis der Zuse KG ) war, daß diese zum Zeichnen von Katasterkarten ( für Vermessungsarbeiten ) ein sehr hohe Zeichengenauigkeit ( ca. 1/10 mm ) benötigten. Dieses Gerät zur Automatisierung der Zeichenarbeit könnte man als Laie mit einem heutigen Plotter vergleichen.

Nach dem Ausscheiden aus seiner Firma widmete sich Konrad Zuse wieder intensiv der Wissenschaft. Neben dem Lehrstuhl als Honorarprofessor an der Universität in Göttingen, beschäftigte er sich hauptsächlich mit drei ihm sehr bedeutungsvoll erscheinenden Projekten. Dabei handelte es sich um die Theorie des Rechnenden Raumes, dem Projekt der sich selbst reproduzierenden Systeme und seinem Leichtbau - Windgenerator.

In seiner Theorie des rechnenden Raumes betrachtete unser Ingenieur Zuse den Kosmos als eine gigantische Rechenmaschine, in der sich Signale unendlich fortpflanzen. Später sprach man dabei von zellularen Automaten oder von der Kypernetik.

Bei Zuses Idee, der sich - selbst - reproduzierenden Systeme, handelte es sich um ein Projekt, das zum Ziel hatte, Maschinen zu entwickeln, die sich selbständig nachbauen können. Dabei ging Konrad Zuse von folgender Theorie aus: Wenn es möglich wäre, die unterste Stufe einer sich selbst reproduzierenden Werkstatt zu bauen, dann könnte die Werkstatt von Stufe zu Stufe komplexer bzw. größer werden. Diese technische Keimzelle könnte sich dann selbst weiterentwickeln.

Als 84jähriger entwickelte er einen Leichtbau - Windgenerator, der sich bei einem Sturm ohne Energiezufuhr mit Hilfe der Schwerkraft selbst demontiert und dessen Propeller sich den jeweiligen Windstärken selbständig anpassen.

Historische Betrachtung seiner Arbeit

Im folgenden möchte ich mich mit der Arbeit und der Zeit befassen, in der Konrad Zuse lebte und arbeitete. Ein besonderes Augenmerk möchte ich dabei auf sein "Unternehmerdasein" werfen.

Konrad Zuse, der eigentlich von seinem Elternhaus und von seiner späteren Ausbildung nicht dafür prädestiniert war, Computererfinder zu werden, hatte es zu Beginn seiner Erfinderzeit äußerst schwer. Neben großen Materialproblemen, der strengen Geheimhaltung seiner Arbeiten, der Ablehnungen seiner Patente als nicht patentwürdig, der Einberufung zur Wehrmacht, der Ignoranz und Ablehnung seiner Arbeiten durch das 3. Reich und seine spätere Flucht mit seiner Z3 von Berlin ins Allgäu, gefolgt vom Bombenterror, mußte er auch damit leben, sich mit keinen anderen Wissenschaftlern austauschen zu können. Ja, er erfuhr erst zum Ende des zweiten Weltkrieges, daß es noch ähnliche Entwicklungen in den USA gab. Man mag es kaum vermuten, wie der Beginn der Computerentwicklung ausgesehen hätte, wenn Konrad Zuse beispielsweise in den USA hätte leben und arbeiten können.

Die schlimmste Erfahrung für ihn war es dann sicherlich, als Professor Aiken 26 Jahre lang behauptete, daß er mit seinem MARK I den ersten programmgesteuerten Rechenautomaten der Welt gebaut hatte, obwohl Zuse dies schon 3 Jahre vorher fertig gebracht hatte.

Betrachtet man unseren Erfinder Konrad Zuse aus dem Blickwinkel eines Unternehmers, vielleicht sogar als eine Führungspersönlichkeit, so kann man sagen, daß er nie als ein solcher betrachtet werden wollte und auch immer mehr Erfinder als Unternehmer war. Ihm hatte es nie gelegen, aus seinen grandiosen Erfindungen das nötige Kapital herauszuschlagen oder seine Arbeiten im voraus zu vermarkten. Er verließ sich dabei mehr und mehr auf seine Teilhaber, die seine Erfindungen vermarkteten und die Firma managten. Er selbst bemerkt in seinem Buch "Der Computer mein Lebenswerk", daß er sich immer wunderte, wie sich andere Menschen mit endlosen Bilanzen oder organisatorischen Problemen beschäftigen können. Es sei doch viel interessanter und spannender, sich in eine kleine Erfinderwerkstatt zurückzuziehen und sich dort mit allerlei technischen Kniffeleien oder Theorien zu beschäftigen.

Startschuß in eine Computergeneration

Die Datenverarbeitungsanlagen gehören wohl zu denjenigen technischen Gebilden, die sich in der letzten Generation am schnellsten und am auffälligsten entwickelt haben. Die heutigen Telekommunikationsmittel, wie z.B. Email, Telefax oder das Internet, wären ohne die Entwicklung des Computers in der Vergangenheit sicherlich heute nicht möglich. Konrad Zuse, als Erfinder des ersten funktionsfähigen Computers, ist neben anderen Computerpionieren seiner Zeit sicherlich einer, wenn nicht sogar der Vater unserer heutigen Computergeneration. Ohne deren, ohne seine Vorarbeiten, wäre nie ein Prozeß angestoßen worden, der heute die Welt so verändert und so in ihren Bann zieht.

Dieser Startschuß in eine Computergeneration, der von Konrad Zuse und den anderen Computerpionieren abgegeben wurde, hat in kaum vorstellbarer Form unser Leben verändert und meiner Meinung nach auch meistens verbessert.

Ausblick

Durch die Entwicklung der Rechenmaschinen, später Computer genannt, hat der Mensch versucht und hat es auch geschafft, mühsame und zeitaufwendige Arbeiten an eine Maschine weiterzugeben.

Von dieser damaligen Idee haben wir uns weit entfernt. Computer haben heutzutage Einzug in fast alle Bereiche des menschlichen Lebens gehalten und sind von dort nicht mehr wegzudenken. Sind wir auf dem Weg in eine Gesellschaft, die sich von der Maschine, dem Computer, steuern und kontrollieren läßt ?

Konrad Zuse ist nicht dieser Meinung. Er beschreibt die Grenze, an welcher der Übergang von einer Kontrolle der Maschine durch den Menschen und der Kontrolle des Menschen durch die Maschine liegt, wie folgt:

Der Computer ist heute dem Menschen hinsichtlich der Arbeitsgeschwindigkeit erheblich überlegen. So kann etwa eine elektronische Rechenanlage numerische Rechnungen mindestens eine Million mal schneller als der Mensch erledigen.

Anders hingegen bei logischen Schlüssen. Hier ist der Mensch der Maschine quantitativ überlegen. Mit seinen 10 Milliarden Ganglienzellen kann der Mensch gleichzeitig ein außerordentlich großes Erfahrungspotential überblicken und verarbeiten. Dazu kommt seine Fähigkeit, in Bildern zu denken. Hier ist die Maschine noch stark unterlegen.

Diese qualitative Überlegenheit des Menschen kann also weitgehend auf eine quantitative zurückgeführt werden ( richtig ! ). Darin liegt Gefahr und Hoffnung zugleich, denn Quantität ist im Grunde eine technische Angelegenheit.

Konrad Zuse blickte sehr optimistisch in die Zukunft der Computerentwicklung und träumt von Computern, welche die DNS - Strukturen aufdecken können oder von kybernetischen Organismen, sog. Cyborgs. Er sah darin die Erfüllung seiner Theorie von den sich selbst - reproduzierenden - Systemen.

Was wäre, wenn Konrad Zuse heute erfinden könnte ?

In der heutigen Zeit, am Ende des 20. Jahrhunderts, würden in unseren demokratischen Kulturen revolutionäre Ansätze, wie die des Konrad Zuse, andere Ausgangsbedingungen vorfinden. Zwar ist völlig klar, daß auch heute ein gewisse Skepsis und Abscheu gegen ganz revolutionäre Ideen besteht, doch wäre Konrad Zuse spätestens nach der Fertigstellung seiner Z1 ( und nicht erst nach dem Bau seiner Z3 ) mit viel Unterstützung und Fördermitteln unterstützt worden.

Des weiteren stehen den heutigen Wissenschaftlern und Erfindern alle möglichen Informationsquellen zur freien Verfügung, um mit Hilfe der Synergieeffekte ihre Arbeiten voranzutreiben. Das steht in keinem Vergleich zu der Abschottungspolitik im 3. Reich, in der Konrad Zuse nur mit dem arbeitete, "was er sich im Geiste selbst erklären konnte".

Einem jungen Konrad Zuse wäre es heute ohne Probleme möglich, sich eine adäquate Berufsausbildung anzueignen, was ihm zu seiner Schulzeit gänzlich verwehrt wurde.

Zusammenfassend kann man sagen, daß das 3. Reich, in dem Konrad Zuse gelebt, gearbeitet und erfunden hat, seine Arbeit auf eine schwere Ausgangsbasis gestellt hat. Wie im Vortrag schon angemerkt, ist es nicht vorstellbar, wie die Erfindungen des Herrn Zuse ausgesehen hätten und abgelaufen wären, hätte er beispielsweise in den USA leben und arbeiten können. Aber selbst wenn man damals rechtzeitig der Entwicklung die höchste Aufmerksamkeit und beliebig viel Geld geschenkt hätte, wäre die Entwicklung wahrscheinlich nicht anders verlaufen. Damals ( bis ca. 1960 ) gab es einfach keinen Markt bzw. keine Nachfrage nach Rechenmaschinen. Dies beweist die Tatsache, daß das Deutsche Patentamt zur damaligen Zeit Zuses Erfindungen wegen mangelnder "Erfindungshöhe" mehrfach ablehnte.

Aber vielleicht waren gerade diese Hindernisse, mit denen er zu kämpfen hatte, die Gründe, warum er so erfolgreich war. In anderen Zeiten und anderen Kulturen hätte er sicherlich nicht so allein für sich denken und erfinden können.

Ein vergleichbarer Innovationsschritt ist heute kaum vorstellbar. Es sein denn, man habe eine Vision, wie z.B. von dem rechnenden Raum oder von biologischen Computern. 

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